"GermanZero" Geburtstags-Fundraiser

Gespeichert von web1544 am Mit, 01.04.2020 - 02:33
#Demonstration #FFF #FridaysForFuture

Vom 11. April 2020, kleines Zeitdokument, vielleicht.

Liebe Freund*innen,

ich wende mich an euch, weil ich Geburtstag habe und wild-wie-immer (what a lie!) feiern möchte. Der Frühling ist da, die Salatköpfe sprießen, die Berliner*innen stecken wie so oft am ersten oder zweiten Sonnenwochenende ihre Nase raus in den milden Wind, der manchmal auch noch etwas frisch sein darf. Ein bisschen blass sehen sie noch aus, haben sie doch grade mal wieder den Sechsmonatswinter überstanden:

Mit Wegbier bei Minusgraden unterwegs, warteten sie nächtelang und immer wieder auf die rettend-warme M10 oder U1, fuhren von der Schlesischen über den Görli zum Kotti und dann nach Neukölln. Oder stiefelten nach 3 Uhr morgens prozentegewärmt aber äußerlich bibbernd zurück in ihre Höhlen. Vielleicht verbrachten sie die Abende in gemütlichen Coworking-Bars wie der Anzengruberin (yeah!). Oder sie tranken Cocktails mit frischer Pfefferminze und ebensolcher Kokosmilch in der Victoria-Bar. Oder sie saßen arrivierterweise im Godard'schen Alphaville-Outfit des Saffire in der Bötzowstraße? Der Bar mit gefühlt (nicht getrunken!) 150+ schottischen und einigen Handvoll japanischen Whiskys... (Bastian: you still owe us a visit, and I owe you a 30-year old Bushmills! So hurry up!)

Jetzt aber:

April, Ostern gar, 20 Grad plus. Und niemand denkt an die Sonnencreme, Ex-Berliner (ping: Maurice, thanx) Briten holen sich Sonnenbrände am Nachmittag, wenn sie in der prallen Sonne barhäuptig und mit Turnschuhen über ein Buch gebückt sitzen, die Buchseiten zu hell zum Lesen. Der Bauch auch. Am ovalen Hippodrom fühlen sich die Skater und Jogger etwas peinlich berührt, sollten sie doch 2m Abstand wahren, in diesen Tagen. Ein paar gefühlte Meter weiter hängen jede Menge Schweizer bei 85-90 bpm im Holzmarkt (ping: Ania, thanx for sharing) am Wasser der Spree.

But, hold on, there seems to be something rotten in the State of Berlin: Da sind plötzlich viel mehr Menschen im Park an diesem Wochenende, und tagsüber und an Wochentagen auch. Waren es sonst (sagte ich schon, ich wohne am Park?) nur verzweifelt-prokrastrinierende Freiberufler (hmpf!), wenige Jogger (hach!) und die vereinzelte misstrauisch äugende Pudeloma (yeah: Berlin cult!), so sind Spaziergänger und Jogger jetzt Legion.

Wer den Park kennt, der erkennt ihn nicht wieder: Es fehlen der Sound, es fehlen die Soundsysteme, es fehlen Raggamuffin, Acid-House Lounging (ok, fehlt schon lange...), der obligatorische Hip-Hop, der "Isch bin cool un du halts Maul" Türken-Rap und mostly missed: ein 85-95er Beat (z.B. von Xochi, yeah! Katharina ping!).

Der Volkspark Friedrichshain galt immer als einer der schönsten Bürgerparks Berlins oder gar Deutschlands - eben weil er so vielfältig und in dieser Vielfalt so "immer so rund und vollkommen war" (Alexander Osang - gelogen, hat er nie gesagt, lebt aber in der Käthe...). Was hier und jetzt fehlt, können auch die solidarisch Schutz bietenden Masken nicht ersetzen: Den Tanz.

Egal, ob nur in Gedanken oder auf der großen Hippodrom-Wiesen. Oder in den verschwiegeneren Ecken des Parks, wo man eigentlich auch zu zweit (erlaubt!) tanzen könnte, hätte man eine Boom dabei ...

Aaaaalso: langer Rede, kurzer Sinn (habt ihr das da oben echt gelesen? Danke!) -- Geburtstagsparty ist in diesem Jahr nicht!!

Alles virtuell, Zoom, Samba, Skype, Hangout und so. Früher haben nur Nerds diese Google-Hangout-Parties gemacht. Jetzt zeigt sich einmal mehr: Nerds vs. Hippies: The nerds have won. Dammit. Das einzig Gute dabei: Nerds lieben Hippies, sagen es nur nicht. Weil sie es aber tun, zeigt sich dies in den Veränderungen der Berliner "Start-up Szene": Deklamierten deren Helden noch vor 5 Jahren  "Ja, ich bin ein Arschloch und es ist Krieg" (Oliver Samwer, Mitgründer des eBay-Clones Alando), setzen sie heute mehrheitlich (well, wohl nicht Samwer, Change ist ja keine Währung) auf  Green Growth und die vermeintliche Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Umweltbelastung als Geschäftsmodell.

NB haben sie leider die von den Grünen längst als wegweisend erkannte und sogar (versteckt in den Apokryphen) 2014 für einige Tage im Parteiprogramm zu findende "doppelte Entkopplung" (ja, ja: "Tarnbegriff" für Post-Wachstum) nicht verstanden: Sie wollen schließlich Geld verdienen und damit die Welt retten - analog zu den Jungs (yep, bei den 8 reichsten Menschen der Welt muss man nicht gendern) aus dem "Valley".  Tse, tse: Es gibt halt kein wahres Leben im Fallen (sic!)).

Was mich zu den Inhalten dieser Gedanken-Geburtstagsparty bringt - jetzt also bitte den obigen Link anklicken und dort den Kampagnen-Blurb lesen, falls noch nicht geschehen :))

Nach dem Spenden gibt's noch ein paar
Hintergründe zur Geburtstagskampagne:

Die Bedeutung von Prozessen direkter Beteiligung (oder "direkter Demokratie") nimmt zu, auch in Deutschland:

  • Tempelhofer Feld,
  • der Berliner "Wassertisch",
  • der FahrradEntscheid oder
  • Radbahn.Berlin


sind nur einige Beispiele einer sich selbst organisierenden Bürgerschaft. Wie geht "die Politik" damit um? Findet sie Antworten? Gelingt es, Wählerwillen so zu kanalisieren, dass diese sich "abgeholt" fühlen? Genau an diesem Punkt besteht - auch - die Gefahr, dass vor allem in Social Media "Querfront"-Inhalte (Ken Jebsen etc.) entstehen, die als "Fake News" anti-demokratische Tendenzen begünstigen und verstärken.

Für viele Jahre galt in der (vor allem Nachhaltigkeits-) Kommunikation:

  • Recherchiere gründlich,
  • entwickle ein emotional überzeugendes Storytelling,
  • schaffe ein "Framing", in das die Zuschauer, Zuhörer, Leser eintauchen können.
  • Liefere dabei (bestenfalls) Ankerpunkte für persönliches Engagement - in Form von Unterstützung/Spenden/Beteiligung.

 

EndeGelände, FridaysForFuture, ExtinctionRebellion und andere Kampagnen haben das geändert. Sie verweisen zwar auf Research und Wissenschaft (und wissen diese hinter sich, siehe Scientists4Future), bleiben aber in der emotionalen Gestaltung dieser Inhalte buchstäblich nicht stehen. Sie gehen auf die Straße, verändern die Wirklichkeit durch unmittelbares Handeln. Durch Blockaden von Plätzen und Brücken, durch millionenfaches Rufen von "What do we want? Climate Justice! When do we want it? Now!"

Damit erfüllt sich der Ansatz von Occupy mit zehnjähriger Verspätung: Mehr oder weniger überrascht von der Wucht des "near financial meltdown" konnten die damaligen Aktivisten in NYC, Frankfurt, London und anderswo die Chance zur Veränderung nicht nutzen. Sie hatten einen zu geringen Organisationsgrad, keinerlei technische Infrastruktur und ihre "Message" versickerte im von internen "Autonomen-Kämpfen" zerrissenen IndyMedia oder in damals noch erforderlichen Printprodukten wie der "Alternativ-Version" der ZEIT, die 2008 auf der Frankfurter Zeil in bester Yes-Man Manier verteilt wurde. (Ähnliches ließe sich heute digital - Jochen Wegner listen-up for some support - heutzutage in wenigen Tagen erfolgreich und medienwirksam realisieren..).

Den Bürger*innen eine Stimme jenseits der Wahlstimme zu verschaffen ist die Triebkraft dieser Bürger*innenbewegungen. Und vermutlich ist das derzeit nirgendwo wichtiger als in einem Prozess, der den gewählten Handlungsträgern entglitten ist: Das Erreichen der politisch verbindlich festgelegten Zielen der Paris-Konferenz (2015).

Das Zeitfenster ist eng für GermanZero. Es gibt nur diesen "einen Schuss", wie CEO Heinrich Stroßenreuther gerne betont: Es muss der im September 2021 zu wählenden Regierung gelingen, eine Klimagesetzgebung zu verabschieden, die sich der Klimaneutralität bis 2035 verpflichtet. Dazu sind eine Reihe von Maßnahmen und Durchführungsverordnungen erforderlich, die von Bürgern unterstützt werden müssen - sollen diese policies sie nicht in die Arme anti-demokratischer Akteure treiben. Dieses Argument ist wohlbekannt und wird von Politikern gerne genutzt - letztlich um deren Angst vor Veränderung (Wiederwahl!) auszudrücken. Partizipationsprozesse sind das probate Gegenmittel: Damit erhalten Politiker die "Licence to operate", das Mandat und die Gewissheit, nicht am Bürger vorbei zu regieren.

Und so gibt es zwei Stränge von GermanZero:

  • die inhaltliche Gestaltung der Klimagesetzgebung (sicherlich rund 2.000 Seiten Gesetzestext, die bis September 2021 geschrieben und juristisch geprüft werden müssen) verantwortet Stephan Breidenbach;
  • die Partizipationskampagne führt Evelyn Bodenmeier.
  • Der Gesamtprozess wird koordiniert im Auftrag des GermanZero-Initiators, Heinrich Strößenreuther.
  •  

tors10@me.com